Autoshow Detroit, IAA Frankfurt. Brauchen wir nicht, denn auf der CES in Las Vegas entsteht die Zukunft – Autonomes Fahren. Zumindest in Diskussionsforen und auf den Messeständen der Hersteller. Daimer-Benz, Toyota, Honda, Ford, General Motors, Renault-Nissan, Jeep, ZF, Bosch. Die Namen der Unternehmen, die klare Vorstellungen von der Zukunft des autonomen Fahrens sind prominent.

Weniger prominent, aber mindestens genauso schillernd sind die Herausforderer. Vornehmlich aus China. Dem Land der unkonventionellen Ideen und den scheinbar unbeschränkten Budgetmitteln. Ich bin kein wirklicher Auto-Narr, aber ich blickte voller Verzückung auf die präsentierten Ideen und Prototypen aller Hersteller nicht nur aus dem Reich der Mitte.

Autonomes Fahren

Byton, Smart Vision EQ

Byton ist ein chinesisches Startup, das sich der Ingenieurkunst der Entwickler der BMW E-Fahrzeuge (i3 und i8) gesichert hat. Das faszinierende Design der Konzeptstudie ist ein Publikumsmagnet in der Halle im Las Vegas Convention Center. Die Vordersitze lassen sich einfach entgegen der Fahrtrichtung umdrehen und machen aus dem Prototypen ein rollendes Wohnzimmer, das im Jahr 2020 auf die Straße rollen soll. Am besten ohne Fahrer, so die Idee der Macher. Der Smart, nur wenige Meter davon entfernt, sieht im unschuldigen Weiß auch wie eine Versuchung aus. Den möchte man am liebsten gleich mitnehmen. Sieht praktisch aus, ist vollgepackt mit allem, was technologisch heute schon machbar ist.

Changes ahead für Autonomes Fahren

Kein Wunder, dass sich die wichtigen Vertreter der Forumsdiskussion „Autonomous Vehicles in the Cities of Tomorrow“ die neue Welt der autonomen Fahrzeuge ganz schnell herbeiwünschen. Aber ob Vertreter von Toyota, Renault-Nissan oder General Motors oder die Marktanalysten von Deloitte – alle wissen: Die Städte von heute wurden rund um die indivuell gelenkten Fahrzeuge gebaut. Ob Parkraum, Straßenbreite oder Sharing-Szenarien. Allen Experten ist klar: Die technologische und infrastrukturelle Landschaft muss und wird sich verändern.

Mehr Brandbreite auf die Straßen

Nicht nur die Autos müssen intelligenter werden, sondern auch das Zusammenspiel zwischen sensorbestückten Straßen, sich autonom bewegenden Fahrzeugen, zu transportierenden Gütern und dem Menschen. Plattformen, die all die verschiedenen Aspekte miteinander verknüpfen, sind zukünftig das Maß der Dinge, so die Experten. Im japanischen Yokohama startet Renault-Nissan im März ein „magisches“ Projekt, das herausfinden will, wie die Koexistenz von Fahrrad, Fußgängern, Autos, Bussen und Bahnen funktionieren kann und soll. Einhellige Meinung der Diskutanten auf der Bühne. Die Straßen müssen auch intelligenter werden und mehr Bandbreite haben.

Warten auf 5G

Der neue Mobilfunk-Standard 5G, der mit Gigabit-Geschwindigkeit Daten zum Fliegen bringt, ist dabei das große Hoffnungssignal für alle Entwickler von integrierten mobilen Konzepten. Die neuen Konzepte werden viel Geld verschlingen, bevor auch der erste Dollar oder Euro verdient wird. Der Chipgigant Qualcomm investiert daher jährlich schon eine Summe von 600 Millionen Dollar in die Forschung und Entwicklung von Technologien, die die Bahn für autonomes Fahren bereiten sollen.

Autohersteller und Städte: Traumpaar oder Wettbewerber

Die Autohersteller hoffen auf den Durchbruch ihrer eigenen Konzepte, die die neuen Fahrzeuge autonom steuerbar und jederzeit sicher in die städtischen Verkehrsströme einfädeln lassen. Und verdienen dann kräftig an dem Verkauf, der Vermietung und Zur-Verfügung-Stellung ihrer Fahrzeuge. Das Prinzip der vollen Taschen ist hier sicherlich auch ein eher vernuscheltes Ziel der gesamten Automobilbranche. Was fehlte? Die Sicht der Städte, auf deren Boden zukünftig der Kampf um Transport, Partnereinbindung und Nachhaltigkeit ausgetragen wird.

Herrschen und teilen

Wie stelle ich mir die Zukunft nach den vielen Eindrücken vor? „Wir sind erst beim ersten Inning“, sagt dazu der Deloitte Consultant. Ja, das unterschreibe ich, wenngleich die Dynamik in diesem Spiel um Märkte und Macht sicherlich spannungsvoller als die meisten Baseball-Spiele sind. Die Städte und Kommunen müssen aufwachen und selbst zum Gestalter der eigenen Smart City werden. Ich glaube an Innenstädte, die verantwortungsbewusst von den Städten selbst gemanaged werden. Die die Koexistenz von autonomen Fahrzeugen und individuellen Mobilitätskonzepten ermöglichen. Die Städte müssen hier zum Treiber der technologischen Infrastruktur werden. Mit eigenen Investments. Damit auch zukünftig ein faires Spiel der Marktteilnehmer um die besten Fortbewegungskonzepte gewährleistet ist. Wenn das nicht der Fall ist, schnappt die Falle der Automobilindustrie zu und wir bleiben weiter auf den Ideenreichtum gut bezahlter Industriemanager angewiesen. Wir brauchen mehr City-Net, mehr intelligente Straßen, leistungsfähige Urban Clouds und Bürger, die neue Modelle bereitwillig testen und sich guten Gewissens für die autonome und individuelle Zukunft entscheiden.

 

Martin W. Puscher ist vom 08.01. bis zum 12.01. auf der CES in Las Vegas. Er stöbert durch Ausstellungshallen, lauscht bei Keynote-Sessions, interviewt Besucher und will erspüren, wieviel Digital Drive in den verschiedenen Branchen ist.
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