Egal ob Account Based Marketing, Network Marketing oder Vertriebsfokus – Leads sind und bleiben das Hartgeld im B2B Marketing. Leider ist schon der Begriff „Leadgenerierung“ der erste Schritt in die Entmenschlichung potenzieller Interessenten, was bei B2B Marketing Content spätestens bei lieblosen Werbemitteln und billiger Ansprache auffällt. Zeit von dem Wissen der Werbepsychologie zu profitieren.

B2B Marketing Content, der hängen bleibt

Können Sie sich noch an Ihren ersten Kuss erinnern? Die Aufregung, Ungeduld und Erleichterung als es vorbei war? Ganz schön turbulente Zeit war das. Vor allem aber eins: unvergesslich.

Erinnerungen wie der erste Kuss oder die erste eigene Wohnung brennen sich aus zwei Gründen tief in unser Gedächtnis. Sie sind neu und bedeutsam. In unserem Gehirn, genauer im Hippocampus, entstehen neuronale Repräsentationen unserer Erfahrungen, indem neue Verbindungen entstehen und alte gestärkt werden.

Egal ob off- oder online, Unternehmen müssen sich in umkämpften Märkten Tricks aus der Neuromarketing-Kiste bedienen. Nur so kann garantiert werden, dass Inhalte gelernt und Leads konvertiert werden. Die Frage ist also: Wie können wir B2B Marketing Content erstellen, der wirklich hängen bleibt?

 

1. Aufmerksamkeit bei Video Content steuern

Je intensiver wir uns auf Inhalte konzentrieren, desto tiefer und detaillierter können wir diese verarbeiten und uns später an sie erinnern. Deswegen ist die bewusste Aufmerksamkeitsteuerung bei jeglichem Video Content, und bei anderen Live-Formanten wie Webinaren, ein Muss. Dabei konzentrieren wir uns am intensivsten auf Reize, wenn diese neu und wichtig für uns sind. Folgende Prinzipien sollten Sie bei Ihrem Bewegtbildcontent nutzen:

Veränderungen

Unser Gehirn reagiert sehr schnell auf Veränderungen. Es versucht diese in unserer Umwelt einzuordnen. Stellen sie eine potenzielle Gefahr dar? Besonders effektiv sind Bewegungen (z.B. einfliegende Bildelemente), Übergänge (z.B. visuell und auditiv), das Heben der Stimme des Protagonisten (z.B. Fragesätze) und Interaktion mit den Zuschauern (z.B. Umfragen).

Emotionalität

Wenn wir emotionalen Reizen ausgesetzt sind, werden enorm viele Hormone ausgeschüttet und spezielle Hirnareale aktiviert. Unsere Aufmerksamkeit fokussiert sich nun sehr selektiv auf das Geschehen. Im Kontext von Videos und Webinaren bieten sich zur Aufmerksamkeitssteuerung also eine Geschichte und damit emotionale Bildsprache an.

Sprache

Der Effekt von Sprache in Live-Formaten kann nicht genug betont werden. Die wohl effektivsten Stilmittel sind Pausen, Crescendo (Lauter werden), Decrescendo (Leiser werden), Betonung der relevanten Stellen und Wortwahl. So sind starke Neologismen wie „Nuklearer Holocaust “ oder überraschende Formulieren wie „Jetzt würde man davon ausgehen, dass der Preis sinkt… das Gegenteil ist der Fall!“ sehr aktivierend.

Struktur

Eines der wichtigsten Mittel ist definitiv die Strukturierung der Aufmerksamkeit bei Videoformaten. Die unten dargestellte Grafik zeigt, dass, je nach Inhaltstyp, die Aufmerksamkeit unterschiedlich stark aktiviert wird. In der Realität können Sie Ihre Zuschauer nicht immer aktivieren. Die Abwechslung und das bewusste Einsätzen von Highlights erhöht jedoch Ihre Chance, dass möglichst viel Ihres B2B Marketing Content hängen bleibt.

Aufmerksamkeit steuern ist wichtig für guten Video Content. In dem Diagramm sehen Sie die verschiedenen Höhen und Tiefen.

2. Unter dem Radar – Subliminale Beeinflussung

Nicht alle Reize übertreten unsere Bewusstseinsschwelle. Diese subliminal (unterschwellig) wahrgenommenen Reize wie Gerüche, Musik oder Attraktivität einer Person haben dennoch einen starken Einfluss auf unsere Handlung. Damit Menschen durch subliminale Reize beeinflusst werden können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Der Beeinflussungsversuch sollte unbemerkt bleiben
  • Die subliminale Beeinflussung funktioniert am besten, wenn die Person nicht ihre volle Aufmerksamkeit auf den Reiz legt (z.B. wenn wir unkonzentriert, müde oder abgelenkt sind)
  • Es ist einfacher bestehende Bedürfnisse zu aktivieren, als neue zu wecken (Zanna, M. P. 2002)
  • Die Person sollte keine starken negativen Emotionen mit dem Reiz verbinden

Ein klassisches Beispiel ist der Mere-Exposure-Effekt. Je häufiger wir einem am Anfang als neutral wahrgenommenen Reiz ausgesetzt sind, desto positiver nehmen wir diesen über eine längere Dauer wahr. Zu Bedenken ist: Der Effekt funktioniert am besten, wenn er unter unserer Wahrnehmungsschwelle liegt. Das heißt, wir wissen nicht bewusst, dass wir diesen wahrgenommen haben (Zajonc, R.B. 1968).

Für B2B Marketing Content kann das einiges bedeuten:

  • Gestalten Sie jeden Touch-Point (egal, ob off- oder online) mit Ihren potenziellen Leads so einfach und angenehm wie möglich. Schlechte Usability stresst uns unbewusst und führt zu Reaktanz.
  • Verschwenden Sie nicht Ihre Zeit mit C-Leads. Es ist einfacher, bestehende Bedürfnisse zu aktivieren, als neue zu wecken.
  • Primen Sie potenzielle Kunden in ihrer Customer Journey. Der Priming-Effekt nutzt unser Schubladendenken. Sie aktivieren mit einem Prime unbewusst die Kategorisierungsfähigkeiten des Gehirns, indem Sie positiv konnotierte Reize setzen. Übrigens: Oliver Buchberger hat in seinem Blog eine hervorragende Übersicht zur Erstellung einer Customer Journey geschrieben …

3. Geschichten für erfolgreichen Content im B2B Marketing

Menschen erinnern sich nur schwer an Fakten und Einzelheiten. Es sei denn, diese sind in den Kontext von Geschichten eingebunden. Man könnte sagen, dass Fakten zu Geschichten wie das Skelett zum Menschen sind: Die Einzelheiten bilden das Grundgerüst, über welches sich die Geschichte spannt.

Warum lernen wir besser mit Geschichten?

Schauen wir uns einen gelungenen B2B Marketing Content an (Agentur: Ogilvy)

Warum werden Sie sich noch lange an dieses Video erinnern? Schuld ist unser Gehirn. Dort werden emotionale und strukturierte Informationen verarbeitet und gespeichert. Welche Elemente von guten Geschichten helfen uns errinerungswürdigen B2B Marketing Content zu erstellen?

Emotionale Aktivierung

Geschichten lassen uns fühlen. Im Positiven wie im Negativen. In starken Dosen führen negative Emotionen jedoch zu Stress. In unserer Amygdala werden Stresshormone ausgeschüttet. Das verhindert, dass wir uns Inhalte gut merken können. Unser Körper schaltet auf Überlebensmodus. Wir können dann besser sprinten – aber kaum noch lernen. Entsprechen sollten wir uns zu einem guten Teil auf positive Gefühle konzentrieren und negative Emotionen eher als „Wachmacher“ (wie die Spinne) nutzen und später auflösen (Happy End Effekt). Bei positiven Emotionen werden zusätzlich Hormone ausgeschüttet. Das unterstützt den Hypocampus in der Aufnahme von neuen Informationen. Wie praktischt!

Struktur hilft ebenfalls

Unser Gehirn ist Weltmeister im Encodieren von Strukturen. Wir suchen und erkennen überall Muster. Nur so können wir Sprachen verstehen und räumliche Informationen abspeichern. Das eigentlich Unvorstellbare: Häufig verstehen wir diese Struktur nicht bewusst. Wir können die Struktur aber anwenden.

Ja, ich spreche Deutsch. Und das ohne die Grammatik zu kennen. Ich kann logische Schlüsse anwenden – ohne jemals etwas von Konditional oder Modus Ponens gehört zu haben. Auch Geschichten haben Strukturen. Hier zwei klassische Varianten (Kinateder, B. 2012).

Gustav Freytags 5-teiliges Pyramidemmodell zeigt die Aufteilung des Dramas in 5 Akte. Dabei geht es über Exposition über die Steigerung zum Höhepunkt im 3 Akt. Das retardierende Moment bezeichnen den Abstieg bis der 5 Akt die Katastrophe oder Auflösung kennzeichnet.

Wir können uns Geschichten deutlich besser merken, wenn diese bereits an gelernte dramaturgische Strukturen anknüpfen. Ein gutes Beispiel findet sich in diesem Artikel über transmediales Storytelling: Geschichten, die eine bekannte Storyline mit originellen Elementen verknüpft, schaffen den Spagat zwischen Vertrautheit und Spannung. Eine guter Hormoncocktail, um Inhalte langfristig abzuspeichern. Diese klassische Struktur kennen Sie beispielsweise aus der Herr der Ringe oder Alice im Wunderland (Kinateder, B. 2012):

Die "Reise des Helden" von Christopher Voglers beschreibt eine 3 Akt Struktur zum Aufbau eines Drehbuches. Das Reiseschema beginnt in der gewohnten Welt. Der Held hört den Ruf des Abenteuers aber weigert sich erst bis sein Mentor ihn überzeugt. So überbrückt er die erste Schwelle und muss dann Proben, Verbündete und Feine überstehen. Er dringt vor in tiefste Höhlen und entscheidende Prüfungen bestehen. Belohnung, Rückweg, Auferstehung und der Rückweg sind der Höhepunkt für unseren Helden

4. Persuasionstechniken für B2B Marketing Content

Wie können Sie Ihre Werbemittel überzeugender gestalten? Hier ein paar Techniken, die aus dem Neuromarketing abgeleitet werden können.

Die „Slice of Life“-Technik

Botschaften, von denen wir meinen, dass diese nicht primär für uns bestimmt sind, überzeugen uns eher. Und zwar, weil wir dem Absender unbewusst weniger Beeinflussung unterstellen. Slice of Life-Werbung stellt den Kunden und ein Teil seines Lebens in den Vordergrund. Auch wenn die meisten Kunden von Hornbach sich nicht mit diesem Kerl identifizieren können, wirkt die Botschaft glaubhafter, weil scheinbar nicht wir angesprochen werden. Die Botschaft, dass Fähigkeit und nicht Aussehen im Vordergrund stehen sollte, teilen jedoch die meisten von uns. So entsteht Identifikation über die Botschaft und Sympathie über die Person.

Eine Slice of Life-Werbung von Hornbach. Zu sehen ist ein Übergewichtiger und tätowierter Mann der handwerklich tätig ist und dazu der Schriftzug: Perfekt aussehen muss nur, wer sonst nichts kann.

Die „Vor- und Nachteile“-Technik

Gerade Testimonial Videos eignet sich, wenn man über die Vor- und Nachteile der eigenen Lösung spricht. So steigt die Glaubwürdigkeit. Es sollten die Vorteile zu Beginn (Primacy Effect) und die Nachteile in der Mitte genannt werden. So kann sich die Person besser an die Vorteile erinnern kann.

Die „Explizite Schlussfolgerung“-Technik

Die Marktpsychologie weiß schon lange, dass Menschen weitaus überzeugter von Produkten sind, wenn sie eigenmächtig zu dem Schluss gekommen sind, dieses Produkt zu brauchen. Rhetorische Fragen sind ein Mittel, diesen Schritt zu begünstigen (Wohnst du noch oder lebst du schon?).

Die „That’s not all“-Technik

Dem Kunde wird, ohne dass er darum bittet, eine reduzierte oder kostenlose Zusatzleistung angeboten. Nehmen wir beispielsweise an, ein potenzieller Lead trägt sich in Ihren Newsletter ein und Sie schenken diesem anschließend ein Whitepaper. Damit verpflichten Sie den Abonennt unbewusst, sich weiter mit Ihren Inhalten auseinanderzusetzen. (vgl. Burger, J M. 1986)

5. Heuristiken für B2B Marketing

Heuristiken sind die short cuts des Gehirns: Schnell, abrufbar und wirkmächtig. Diese Daumenregeln helfen uns schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen. Hier finden Sie eine Übersicht mit den wichtigsten Regeln und wie Sie diese anwenden um Ihren B2B Marketing Content zu optimieren. 

Verfügbarkeitsheuristik

Diese Heuristik beschreibt das Phänomen, dass unsere Entscheidungen durch die mental verfügbaren Informationen beeinflusst werden. Getreu dem Motto: „Wenn es mir leicht einfällt, muss es wichtig für mich sein“. Wann sind diese Informationen verfügbar? Ganz einfach. Wenn wir diese gerade erhalten haben. So kann es für Ihr B2B Marketing sinnvoll sein, dass Sie Newsletter nicht nur nach Öffnungsrate optimieren. Auch beim Überfliegen oder Löschen ist die Marke kurzzeitig präsent.

Rekognitionsheuristik

Wenn wir verschiedene Optionen, zum Beispiel Produkte, mit einander vergleichen und uns ein Urteil bilden, entscheiden wir uns eher für Optionen, die uns bereits bekannt sind. Ein Beispiel. Welche Stadt ist größer: San Diego oder San Antonio? Die meisten Deutschen würden sagen San Diego (was auch stimmt), da der Name der Stadt bekannter ist als San Antonio. Man kann sich diesen Effekt auf vielfältige Weise für eigene Advertisments zu nutzen machen. Ähnlich wie bei dem Mere-Exposure-Effekt zahlt sich die Häufigkeit der Kontakte aus.

Überoptimisums

Menschen neigen dazu, den eigenen Einfluss auf den Verlauf der Welt, selbst bei objektiv unbeeinflussbaren Ereignissen, zu überschätzen. So schätzen Menschen die Chance im Lotto zu gewinnen größer ein, wenn Sie selbst die Zahlen getippt haben (Langer, E. J. 1975). Das können Sie nutzen, indem Sie Ihrem Gegenüber drei Produktoptionen zur Auswahl stellen. Egal für welche er sich entscheidet: Sie gewinnen.

Halo-Effekt

In Entscheidungssituationen beeinflussen uns nicht nur bewertungsrelevante Informationen. Auch irrelevante Informationen wirken sich auf unsere Entscheidung aus. So werden attraktivere Personen als freundlicher, kompetenter oder intelligenter wahrgenommen (Eagly, A. H. et al. 1991). Für das B2B Content Marketing könnte dies bedeuten, dass Sie Ihre Informationen nicht nur sachlich kommunizieren sollten. Auch Ö-Töne, Sprachstil, Bildwelt, Farben, positiv konnotierte Inhalte und vieles mehr können einen positiven Einfluss auf die Entscheidung Ihrer potenziellen Kunden haben.

6. Sind starke Headlines ohne Clickbaiting überhaupt möglich?

Eine ältere Dame sitz auf Ihrem Rollator an einer Bushaltestelle. Hinter Ihr ist eine extrem bunte und kreativ bemalte Wand mit dem Schriftzug: "Lift You Higher". Das ganze verdeutlich das Thema der guten Headline

Es gibt diese und jene Headlines. „Wie du garantiert keine Leads kriegst“ oder „12 Wege zu mehr Erfolg im Beruf“ sind jene fürchterlichen Headlines. Hingegen: „Eine Fake-Invasion – Italiens Migrationsdebatte“ (Spiegel) oder „Schuldensklaverei und Donald Trump“ (ZEIT) machen neugierig auf den Inhalt. Entsprechend sind folgende Tipps und Tricks nicht als Würzmischung, sondern als eigenständige Zutaten zu verstehen:

Fazit

Wertvolle Kernelemente aus dem Neuromarketing für eigenen B2B Marketing Content lauten: